Florent Serra (FRA) - Florian Mayer (GER) 5:7 6:2 6:1

Die Nummer 1 steigt in den Ring: als drittes Spiel auf dem Centre Court musste sich der Top-Gesetzte aus Bayreuth gegen den Franzosen durchsetzen.
Mayer begann nervös: das zweite Spiel schien er bei eigenem Aufschlag bei 40-15 bereits im Sack zu haben, doch zwei Doppelfehler in Folge brachten ihn nochmal in Bedrägnis. Dieses mal konnte er sich lösen und hatte auch in Folge mit seinem Aufschlag keine Probleme. Serra machte nicht nur rein optisch gegen den "jugendlichen" Mayer den physisch besseren Eindruck, der Deutsche bewies aber immer wieder ein feines Händchen und konnte den Franzosen immer wieder mit tollen Stopbällen zur Verzweiflung bringen. Druckvolle, kurze Ballwechsel beherrschten die Partie, beide Aufschläger wirkten immer sicherer. Wie im Lapentti-Match schien die Partie also, als Serra beim Stand von 5:5 aufschlug, der Satz auf einen Tie-Break herauszulaufen. Doch mit einem Doppelfehler schenkte der Franzose dem Lokalmatadoren das 15-40 und damit zwei Breakbälle. Beide wurden abgewehrt, doch einer der vielen Stopps brachte Mayer den dritten ein, den er nun nutzte. Auch wenn es zwischenzeitlich 15-30 im folgenden Spiel stand, hatte Mayer nun keine Probleme mehr, den Satz nach Hause zu bringen.
Was nun nach diesem tollen und spannenden ersten Durchgang passierte, kann nur Anlaß zu großen Sorgenfalten in Tennis-Deutschland führen. Mayer schien den Schwung aus dem ersten Satz mit in den zweiten zu nehmen, als er im ersten Spiel Breakbälle gegen Serra hatte. Es schien deswegen auch noch nicht wirklich bedrohlich, dass Serra im zweiten Spiel des zweiten Satzes bei 30-40 einen Breakball verwandelte. Doch nun fiel Florian Mayer völlig auseinander: seine Fehlerquote stieg stetig an. Beim Stand von 1:4 aus seiner Sicht konnte Mayer noch einen Breakball abwehren, bei 2:5 beendete dann Serra den zweiten Durchgang bei Mayers Aufschlag. Florian Mayer aus Satz 2 war in keinster Weise mit dem Spieler im blauen Trikot aus Satz 1 zu vergleichen: der Bayreuther machte durch das "Schock-Erlebnis" des Breaks im zweiten Satz plötzlich keinen Druck mehr, hatte keine Ideen und produzierte Fehler am laufenden Band.
Auch im dritten Satz brauchte der Franzose keine überzeugende Leistung, um den dritten Satz sicher zu gewinnen - kein Wunder, denn Florian Mayer nutzte praktisch nun jede Chance, den Ball entweder ins Aus oder ins Netz zu dreschen. Umso erstaunlicher war deswegen der Breakball, den er gegen Serras Aufschlag im ersten Spiel hatte und vergab. Nun verlor Mayer zweimal kläglich und vor allem im vierten Spiel praktisch ohne Gegenwehr seinen Aufschlag. Serra schien tatsächlich wegen der erbärmlichen Leistung des Lokalmatadoren ein Erbarmen im fünften Spiel zu haben - aber auch, wenn der Franzose wie nun zwei Doppelfehler in Folge machte, reichte dies nicht, damit wenigstens ein kleiner Funken Hoffnung bei den Mayer-Fans aufflammte. 0:5, Aufschlag Mayer, die Partie war nun entschieden. Und plötzlich spielte Mayer wieder ansatzweise wie im ersten Satz, nagelte Serra bei eigenem Aufschlag an die Wand, gewann sicher das Spiel und holte sich bei Aufschlag Serra sogar zwei Breakbälle. Das Publikum merkte nun, dass mit viel Glück diese Partie vielleicht sogar noch zu gewinnen war - und schon kam der Druck wieder auf. Beim zweiten Breakball machte er bei einem Halbvolley einen unnötigen Fehler und ebnete nun endgültig Serra den Weg zum absolut verdienten Sieg.
Wenn ich - wie ich das so gerne mache - mit Rainer Schüttler hart ins Gericht gehe, dann muss ich dies nach diesem Match auch absolut mit Florian Mayer tun: sich von einem einzigen Break bei Satzvorsprung so aus dem Konzept bringen zu lassen, ist bei einem Spitzen-Tennisspieler absolut inakzeptabel. Bei der enormen Leistungsdichte bei den Herren spielen gerade die mentalen Unterschiede oft eine entscheidende Rolle. Hier muss Mayer sicherlich noch stark arbeiten, um auf längere Sicht auch in Drucksituationen die optimale Leistung abrufen zu können. Denn talentiert ist Mayer zweifelsfrei, wie er dies auch im ersten Satz mit teilweise fantastischen Schlägen unter Beweis stellte.

Diese Partie war die letzte, von der ich bei den NordLB-Open berichten werde. Wie ich schon zu Beginn der Woche darlegte, ist Braunschweig ein absolut phantastisches Challenger-Turnier - aber es ist eben auch nur ein Challenger. Der Top-Gesetzte Mayer hat gerade mal Rang 60, gerade in den ersten beiden Tagen des Main Draws gab es doch auch immer wieder Partien, die mit "Weltklassetennis" nicht viel zu tun haben. Ich kann das Turnier Braunschweig sehr empfehlen, als Berichterstatter und Fotograf fühlte ich mich beispielsweise hier deutlich wohler als zum Beispiel beim Hamburger Masters. Aber Braunschweig findet eben in der Rasentenniszeit statt - und wie ich in einem Tennis-Forum treffend laß, "Rasen trennt die Männer von den Jungs" - und bei den NordLB Open sind eben auch eine Menge Jungs, deren Fähigkeiten nicht ausreichen, auf Rasen eine auch nur annährend bedeutende Rolle zu spielen.